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Zum letzten Mal: „Die Meistersinger von Nürnberg“

Was passiert mit einer Produktion, wenn sie ausläuft?

Mit der letzten Aufführung am 24. August läuft in dieser Festspielsaison die aktuelle Produktion der Meistersinger von Nürnberg planmäßig aus. Fünf Jahre lang wurde die umstrittene Inszenierung von Katharina Wagner auf dem Grünen Hügel gegeben – nun werden Bühnenbild und Kostüme „abgewickelt“. Grund genug, einmal hinter die Kulissen zu schauen und zu fragen: Was passiert eigentlich mit einer Produktion in Bayreuth, wenn sie nicht mehr gebraucht wird?

Bei den Bayreuther Festspielen werden Elemente von Bühnenbildern nur in Ausnahmefällen aufgehoben.  Im Regelfall wird das gesamte Bühnenbild einer Inszenierung zerlegt und entsorgt, wenn die Produktion abgespielt ist. Dafür müssen bei einem komplexen Bühnenbild mindestens vier Wochen eingeplant werden. Das Meistersinger Bühnenbild von Tilo Steffens zählt Karl-Heinz Matitschka durchaus zu den aus technischer Perspektive komplexeren Bühnenbildern. Als Technischer Leiter der Bayreuther Festspiele ist Matitschka nicht nur für Entstehung sowie Auf- und Abbau der Bühnenbilder verantwortlich, sondern auch für deren Entsorgung.

Insgesamt 50 Tonnen Gesamtgewicht haben die Bühnenbilder der Produktion. „Die Konstruktion für die Festwiese im dritten Akt, beispielsweise, muss 200 Chorsänger und Statisten mit einem Gesamtgewicht von etwa 17,8 Tonnen tragen und muss entsprechend stabil sein. Sie hat ein Eigengewicht von etwa 3 Tonnen. Darin eingerechnet ist die Konstruktion für die Unterbühne, denn schließlich wird die Treppe mechanisch bewegt“, erklärt Matitschka. Wenn eine solche Produktion abgespielt ist, wird zunächst einmal sortiert, nach wiederverwendbaren Elementen einerseits, nach Materialien andererseits. „Unser Ziel ist es, vor allem teure Elemente der Bühnenmechanik wie Rollen und Räder sowie kostspielige Beleuchtung und Elektronik, die fest in das Bühnenbild eingebaut ist, zu retten. Diese Teile wandern in einen Bühnentechnikfundus und können dann bei anderen Produktion genutzt werden“, so der Technische Leiter. Bei den Materialien ist das Ziel, möglichst wenig Sondermüll zu produzieren – denn die Entsorgung ist teuer und Materialien wie Holz und Metall können andernorts durchaus recycelt werden. Also wird alles zerlegt, Eisen, Holz und die Kaschierungen, die oft aus Gummimilch oder Latex bestehen, voneinander getrennt. Gerade Gummi und Latex sind ein Fall für die Spezialentsorgung. Nur besonders aufwendig gefertigte Elemente wandern in einen kleinen Fundus für ausgewählte Stücke. „Wir heben beispielsweise den Baby-Drachen aus dem Chéreau-Ring von 1976 auf. Der ist einfach zu schön, als dass man ihn wegwerfen könnte“, sagt Karl-Heinz Matitschka. Wiederverwendet werden kann hiervon jedoch aus Copyright-Gründen nichts.

Anders sieht es bei den Kostümen aus: Da sie weniger Platz benötigen, können sie im Fundus für historische Kostüme gelagert werden, der von Ausstattungsleiterin Monika Gora betreut wird. Er besteht aus einem zentralen, dreistöckigen  Raum sowie diversen Räumen innerhalb des Festspielhauses, die vor allem Chorkostüme und -accessoires aufnehmen. Dass die historischen Kostüme – auch nur in Teilen – noch einmal für eine andere Produktion eingesetzt werden, ist ausgeschlossen: Die Kostümbildner haben ebenfalls ein Copyright auf ihre Entwürfe, auch wenn die Kostüme selbst den Festspielen gehören. Die Arbeiten von .Rosalie (Ring, 1994), Jürgen Rose (Tannhäuser, 1972 und Der fliegende Holländer, 1990), Yohji Yamamoto (Tristan und Isolde, 1993) beispielsweise und anderen renommierten Kostümbildnern werden archiviert, damit zumindest dieser Teil der Bayreuther Inszenierungsgeschichte auch materiell dokumentiert wird. Dem Bayreuther Werkstatt-Gedanken wird auch hier Rechnung getragen: Unterschiedliche Varianten eines Rollenkostüms in einer Produktion werden ebenso bewahrt wie die Kostüme für unterschiedliche Besetzungen einer Rolle. Über Schilder lässt sich bis heute schnell nachvollziehen, für welchen Sänger ein Kostüm angefertigt wurde – diese Information ist übrigens auch stets in das Kostüm eingenäht.

Mehr noch als beim Einlagern für die Spielzeitpause – oder wenn eine Produktion eine Saison aussetzt – gilt es hier, auf die optimale Lagerung zu achten. Und so wandern auch die Meistersinger- Kostüme von Tilo Steffens und Michaela Barth, inklusive der unterschiedlichen Varianten für die veränderten Solistenbesetzungen, nach einer gründlichen Reinigung bestmöglich verpackt und vor Motten geschützt in den historischen Fundus.

Mehr zum Thema (Auf-)Bewahrung der Ausstattung außerhalb der Spielzeit erfahren Sie in unserem nächsten Hintergrundbericht.