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Die Bayreuther Ausstattung geht in den Winterschlaf

Die Ausstattungen bei den Bayreuther Festspielen werden nur etwa drei Monate im Jahr benötigt: Für die Proben- und die Festspielzeit. Danach werden Bühnenbilder und Kostüme wieder verstaut – möglichst schonend und natürlich winterfest. Denn vor allem bei empfindlichen Materialien ist mit dem fränkischen Winter nicht zu spaßen. Je besser die Ausstattung gelagert und vor Umwelteinflüssen geschützt wird, desto weniger muss sie für die nächste Festspielsaison bearbeitet werden.

Der Winter in Oberfranken ist bekanntlich hart. Temperaturen bis zu -18 °C sind keine Seltenheit. Das macht die längerfristige Einlagerung der Produktionen zu einer kleinen Herausforderung, zumal Bühnenbilder nicht selten aus empfindlichen Materialien gefertigt sind. Dies gilt weniger für die tragenden Konstruktionen, vielmehr für die Oberflächen, beispielsweise beim Lohengrin: Die Wände des „Labor“-Bühnenbildes sind mit riesigen Bahnen aus weißem Kunstleder bezogen. Das Material kann bei Temperaturschwankungen leicht brüchig werden und reagiert zudem empfindlich bei Veränderungen der Luftfeuchtigkeit – von seiner Lichtempfindlichkeit ganz zu schweigen.

Als Lagerort für die Bayreuther Produktionen dienen die Probebühnen. Sie sind wahre Multifunktionshallen: Für die Arbeiten an den Kulissen und Unterkonstruktionen dienen sie teilweise als Montagehallen, als Erweiterung von Tischlerei, Malerwerkstatt und Schlosserei. In der Probenzeit werden hier – gemäß ihrer Bezeichnung – die Produktionen einstudiert, teilweise in den Bühnenbildern. Während der Festspielzeit werden die Kulissen, die nicht auf der Bühne benötigt werden, hier zwischengelagert. Von Herbst bis Frühjahr wiederum dienen sie als Lagerhallen: Bunt durcheinander werden sie befüllt mit den Kulissen, die oftmals dicht an dicht stehen. Je nachdem, wie viele Produktionen im Repertoire sind, müssen zusätzliche Lagerhallen angemietet werden. Um die Oberflächen vor Staub und Sonnenlicht zu schützen, werden die Konstruktionen nach einer gründlichen Reinigung mit Folien abgedeckt. Gerade mit Stoff oder Gummi kaschierte Elemente oder Malereien sind in dieser Hinsicht heikel. Festsitzender Staub oder Verfärbungen sind gegebenenfalls nicht mehr zu entfernen. Zwei der Probebühnen können gut beheizt werden und dienen daher als Hort für die empfindlichen Elemente, die in einer möglichst konstanten Umgebung gelagert werden müssen.

Bei der Lagerung und Pflege der Kostüme ist im Hinblick auf Menge und Umfang die Ausstattung der 150 Chorsänger die größte Herausforderung. Für die Lagerung werden vor allem die Chorgarderoben genutzt. Bei 92 Sängern und 58 Sängerinnen gibt es insgesamt 8 Garderoben allein für den Chor, wo die Kostüme vor Frost und Feuchtigkeit geschützt sind. Vieles lässt sich hier über den Winter genauso unterbringen wie auch während der Saison: den einzelnen Sängerinnen und Sängern namentlich zugeordnet, nach Produktionen sortiert, einschließlich Accessoires. Jedes Kostüm ist maßgefertigt und die Mehrzahl der Chorsänger kommt jedes Jahr wieder. Pro Saison gibt es nur etwa 20-30 Umbesetzungen. „Wir gehen grundsätzlich erst einmal davon aus, dass ein Chorsänger wiederkommt“, erklärt Ausstattungsleiterin Monika Gora. „Das heißt wir reinigen die Kostüme gründlich und über den Winter werden sie von den festen Mitarbeitern nach und nach kontrolliert und ausgebessert.“ Im Frühjahr steht fest, wer neu besetzt wird, dann werden auf Grundlage der Maße die „freigewordenen“ Kostüme neu zugeteilt und gegebenenfalls geändert oder aber nachgefertigt. Wichtig für die Logistik ist, dass immer ausführliche bebilderte Listen zusammen mit den Kostümen vorhanden sind. So merken Mitwirkende bzw. Garderobenabteilung schnell, wenn der Idealzustand nicht erreicht wird – auch bei kleinsten Details.

Eine besondere Herausforderung für die Lagerung stellen die Ratten-Kostüme von Reinhard von der Thannen im aktuellen Lohengrin von Hans Neuenfels dar. Allein die „Neopren”-Anzüge müssen auf 25 großen Garderobenwagen gelagert werden, dazu kommen vier Wagen für die Köpfe und zwei für Hüte. Sie machen ihren „Winterschlaf“ auf einer der Probebühnen.

Die Solisten-Kostüme überwintern ebenfalls auf Kleiderstangen in den Damen- bzw. Herren-Sologarderoben. Hier ist ausreichend Platz, denn während der Festspiele müssen sie schließlich ebenfalls hier gelagert werden. Einige wenige Kleidungstücke müssen für die Langzeitlagerung besonders pfleglich behandelt werden: Die Schwanenkleider aus Lohengrin beispielsweise werden Schneiderpuppen angezogen und gründlich abgedeckt stehend gelagert, um die schweren Reifröcke nicht zu beschädigen. Im letzten Jahr gab es Lagerschäden – das soll sich in diesem Jahr nicht wiederholen. Das Strickkleid von Elisabeth im Tannhäuser hingegen muss liegend gelagert werden: An der Kleiderstange würde es durch sein Eigengewicht immer länger werden und wäre damit irgendwann nicht mehr tragbar. Insgesamt gelten für die Kostüme neben der gründlichen Reinigung die gleichen Grundregeln wie für die Kulissen: vor Staub und Licht schützen! Und so bleiben die Jalousien in den Garderoben im Winter in der Regel geschlossen.