Aufführungsdatenbank

Das Rheingold

Besetzung 2017

Termine

  • Samstag, 29. Juli 2017, 18:00 Uhr
  • Dienstag, 08. August 2017, 18:00 Uhr
  • Mittwoch, 23. August 2017, 18:00 Uhr

DAS RHEINGOLD

Patric Seibert über den "Ring des Nibelungen" (2013)


Die ersten Überlegungen zur Neuinszenierung des Rings für die Bayreuther Festspiele 2013 gingen zunächst in die Richtung eine Übersetzung für das Rheingold und den daraus geschmiedeten Ring zu finden. Hierbei stießen wir auf das Öl als Grundmotiv, in das auch das von Udo Bermbach ausführlich bearbeitete Thema einer durch gescheiterte Machtpolitik ruinierten Welt in die Inszenierung einfließen konnte, da dieses auch unserer Wagnersicht sehr nahe kam.

Doch sehr schnell bemerkten wir, dass wir mit einer bloßen Gleichsetzung Gold/Ring = Öl zu kurz greifen würden. Erstens ist Richard Wagner in seiner Musik wie in seiner dramatischen Vorlage zu konkret – ein solcher Eingriff würde die Werke ihres Witzes und ihrer Anarchie berauben und den Gesamtaufbau zerstören. Und zweitens wäre es auch aufgrund der äußeren Umstände der Inszenierungsarbeit kaum möglich gewesen, ein solches Konzept stringent durchzuführen, ohne dass es Reibungsverluste gegeben und Glättungen bedurft hätte. Das sollte vermieden werden.

Trotzdem war das Thema Öl gesetzt und eröffnete den Weg in die Geschichte des 20. Jahrhunderts, an dessen Schwelle Richard Wagner stand und für die er nicht nur im Bereich der Musik Wegmarken setzte, sondern auch philosophiegeschichtlich wie ein Brennglas wirkte. Von Hegel und Feuerbach kommend, bereitete er den Weg für eine Kunst des Abgründigen und Zwielichtigen und wies so auch den Weg in Richtung der Existenzialisten und zu Freud. Seine Interpretation von Schopenhauers Text Über das Geistersehen, die er 1870 in seinem Beethoven-Essay niederlegte, enthält die Beschreibung des Angstschreis als menschlicher Uräußerung an das Gehör. Der vereinzelte, entfremdete Mensch der Produkt- und Produktionswelt mit seinen Albträumen und Verstümmelungen wird thematisiert.

Wie wir sehen, gibt es kein „Ende der Geschichte“ nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten, vielmehr ist ein neuer Krieg ausgebrochen und an die Stelle des Kalten Krieges getreten. Ein Krieg um Ressourcen, die immer knapper werden und auf die der Zugriff um jeden Preis gesichert werden muss. In diesem Krieg, der auch ein Informationskrieg ist, sind alle Mittel erlaubt, denn die Interpretationsgewalt über die Geschichte behält der Sieger – so werden Fakten veränderbar, Bilder retuschierbar – die Realität fragwürdig.

Deshalb ist Geschichte auch nicht unbedingt linear zu denken. Wie beim Zappen oder Surfen, wird das Fragment immer mehr zum Fanal der Freiheit – auch dies wieder ein Fingerzeig aus der deutschen Romantik. Niemand kann mehr alles wissen – das Ideal des universal gebildeten Menschen der Aufklärung weicht dem Experten, dem Nerd und Schmalspurfachmann. Schnell generierte und gesammelte Informationen können kaum mehr in einen Gesamtkontext eingeordnet werden, Bruchteile geben einen Eindruck vom Großen und Ganzen – nur eine diskontinuierliche Erzählstruktur kann einer so fragmentarisierten Welt gerecht werden.

So nimmt die Erzählung in den USA zur Zeit der großen Hollywood Technicolorfilme – der scheinbar unbegrenzten Konsummöglichkeiten – ihren Anfang, springt dann nach Baku, wo in den 1880er Jahren ein Ölboom aufkam, in den Nobel und Rothschild als Unternehmer investierten und der für den jungen Josef W. Dschugaschwili (den späteren Stalin) zum Katalysator auf seinem Weg zum radikalen Revolutionär wurde.

Aus der ideologischen Steinzeit geht es rasch in den sozialistischen Realismus, wo man das Fürchten lernen kann. In einer Welt, in der alles aus Plastik gemacht ist, vergisst man schnell, woraus „Plaste und Elaste“ hergestellt sind. Die großen Ölkonferenzen der RGW*-Staaten in den 50er Jahren ließen das sowjetische Rohöl in die DDR fließen, von wo aus die Sekundärprodukte nicht nur in den Ländern der Warschauer Vertragsorganisation weitergehandelt wurden. Die Industriegebiete bei Leuna und Bitterfeld, die schon synthetischen Treibstoff für die Wehrmacht des Deutschen Reiches hergestellt hatten, spielten wieder eine große Rolle. Der Weg führt von Baku über die IG Farben zu Buna ... endet er an der New Yorker Börse?

Wahrscheinlich nicht – denn die Möglichkeit eines bösen Scherzes ist nicht auszuschließen. Vielleicht befinden wir uns auch nur im wirren Traum eines mongolischen Schamanen, der in der Steppe vor seinem Feuer sitzt, in die Flammen blickt und in dessen Bewusstsein Welten wie Seifenblasen auffliegen und dahinschweben...


Empfohlene Literatur:
Richard Wagner: Beethoven
Søren Kierkegaard: Der Unglücklichste/Der Begriff Angst
Arthur Schopenhauer: Über das Geistersehn und was damit zusammenhängt
Simon Sebag Montefiore: Der junge Stalin
Viktor Pelewin: Buddhas kleiner Finger/Tolstois Albtraum
Thomas Seifert/Klaus Werner: Schwarzbuch Öl


Filme:
Panzerkreuzer Potemkin (R: Sergej Eisenstein)
Tschapajew (R: Sergej und Georgji Wasilijew)
There will be blood (R: Paul Thomas Anderson)
Giant (R: George Stevens)


* Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), 1949-1991; wirtschaftlicher Zusammenschluss der sozialistischen Staaten unter Führung der Sowjetunion.

Der Ring des Nibelungen

Ein Bühnenfestspiel für drei Tage und einen Vorabend


Das Rheingold

Libretto: Richard Wagner
Originalsprache: Deutsch
Uraufführung: 22. September 1869 München

Personen

Wotan Gott (Bassbariton)
Donner Gott (Bariton)
Froh Gott (Tenor)
Loge Gott (Tenor)
Fricka Göttin (Mezzosopran)
Freia Göttin (Sopran)
Erda Göttin (Alt)
Alberich Nibelung (Bass)
Mime Nibelung (Tenor)
Fasolt Riese (Bass)
Fafner Riese (Bass)
Woglinde Rheintocher (Sopran)
Wellgunde Rheintocher (Mezzosopran)
Floßhilde Rheintocher (Alt)

Handlung

Auf dem Grund des Rheins, auf Bergeshöhen am Rhein, in der Tiefe Nibelheims, Zeit der deutschen Mythologie.

Erste Szene

Auf dem Grund des Rheins spielen die Rheintöchter und bewachen das auf einem Felsenriff ruhende Rheingold. Der gierige Nibelung Alberich stellt ihnen nach und möchte eine der Nixen festhalten. Sie aber verspotten ihn und entkommen. Die in den Rhein fallenden Sonnenstrahlen lassen das Gold leuchten. – Alberichs Begehrlichkeit wendet sich dem Schatz zu, der unermessliche Macht in sich birgt. Doch nur derjenige, der für immer der Liebe entsagt, wird daraus den Ring schmieden können, der seinem Träger die Weltherrschaft verleiht. Wütend reißt Alberich das Gold an sich, verflucht die Liebe und verschwindet mit seiner Beute hohnlachend in der Tiefe. Die Klagen der Rheintöchter folgen ihm.

Zweite Szene

In einem unbewaldeten Gebirge erwacht der Göttervater Wotan aus tiefem Schlaf. Mit seiner Gemahlin Fricka betrachtet er die neue Götterburg, die ihm die Riesen Fasolt und Fafner gebaut haben (»Wotan, Gemahl, erwache«). Wotan hat mit den Riesen eine unselige Abmachung getroffen und ihnen als Lohn für den Bau Freia, die Göttin der ewigen Jugend, versprochen, die Fasolt wegen ihrer Schönheit begehrt, Fafner aber zum Sturz der Götter ausnutzen will, weil sie allein die goldenen Äpfel hegt, die den Göttern die ewige Jugend bringen. Wotan verweigert den Riesen den versprochenen Lohn und vermag sie bis zum Eintreffen des listigen Feuergotts Loge hinzuhalten, von dem er schlauen Rat erhofft.

Loge erzählt, dass er die Welt durchstreift und erfahren hat, welche Macht sich Alberich durch den Gewinn des Rheingolds geschaffen hat (»Immer ist Undank Loges Lohn«). Die Riesen werden von Gier nach dem Gold ergriffen und erklären sich bereit, auf Freia zu verzichten, wenn ihnen Wotan dafür das Gold herbeischaffe. Freia schleppen sie als Pfand mit sich fort. Am Abend wollen sie wiederkommen, um sie gegen den Hort einzutauschen. Nun muss Wotan sich mit Loge auf den Weg in die Tiefen von Nibelheim machen, um Alberich das Rheingold zu entreißen.

Dritte Szene

In den Tiefen der Erde herrscht Alberich grausam über die geknechteten Nibelungen. Er zerrt seinen Bruder Mime herbei und verlangt von ihm einen Tarnhelm, den der kunstreiche Schmied ihm anfertigen musste. Winselnd verkriecht sich Mime, während Alberich den Helm aufsetzt und unsichtbar wird. Wotan und Loge finden den geschundenen Mime und erfahren von ihm die Zauberkraft des Tarnhelms. Misstrauisch kommt Alberich zurück, lässt sich aber durch Loges schmeichlerische Reden überlisten und zur Vorführung des Helms überreden: Zunächst verwandelt er sich in einen riesigen Drachen, doch als er sich auf Loges schlaue Frage, ob er sich auch ganz klein machen könne, in eine Kröte verwandelt, wird er von den Göttern festgehalten und an die Oberwelt geschleppt, nachdem ihm Loge den Tarnhelm entrissen hat.

Vierte Szene

Als die drei auf der Höhe angekommen sind, muss sich Alberich die Freiheit durch Preisgabe des Nibelungenhorts erkaufen. Auf seinen Befehl bringen die Zwerggestalten die Schätze. Auch der Tarnhelm wird dazugelegt. Schließlich fordert Wotan von Alberich den Ring, den er an der Hand trägt. Verzweifelt wehrt sich Alberich; mit ihm verliert er alle Macht. Doch Wotan entreißt ihm den Ring und steckt ihn selbst an den Finger. Da spricht Alberich einen furchtbaren Fluch über den Ring (»Wie durch Fluch er mir geriet, verflucht sei dieser Ring«): Jeder soll gierig nach seinem Besitz streben, doch jeden, der ihn besitzt, soll der Fluch verderben (»Ein goldner Ring... Bin ich nun frei?«). Alberichs Fesseln sind gelöst; er verschwindet in der Finsternis.

Gleichzeitig mit Wotan und Loge kehren auch die beiden Riesen mit Freia zurück, um ihren Lohn zu fordern. Fasolt fordert, dass das Gold so hoch aufgeschichtet werden müsse, bis Freia gänzlich dahinter verschwunden sei. Widerwillig häufen die Götter das Gold, doch selbst der Tarnhelm ist nicht genug; noch leuchtet Freias Auge hindurch. Nur noch der Ring des Nibelungen ist übrig geblieben. Auch ihn fordern die Riesen. Als Wotan sich ungestüm weigert, ihn zu opfern, erscheint Erda, die allwissende Mutter der Welt, aus der Tiefe und warnt Wotan vor Alberichs Fluch (»Weiche Wotan, weiche«). Da entschließt sich der Göttervater schweren Herzens, den Riesen auch den Ring zu überlassen. Und schon fordert der Fluch sein erstes Opfer: Kaum im Besitz des Goldes, geraten die Riesen in Streit; Fafner erschlägt Fasolt, um allein im Besitz des ganzen Horts zu bleiben. Besorgt will Wotan zu Erda hinabsteigen, um von ihr die Zukunft der Götter zu erfahren. Fricka hingegen weist ihn auf die schwer errungene Burg hin, die auf ihren Herrn warte. Donner reinigt die Atmosphäre durch ein Gewitter (»Heda! Heda! Hedo!«), dann ziehen die Götter über einen von Froh gelegten Regenbogen in die Burg (»Zur Burg führt die Brücke«) ein, deren Pracht Wotan preist (»Abendlich strahlt der Sonne Auge«). Loge äußert sich verächtlich über die Götter, denen er sich überlegen weiß. Aus der Tiefe hört man die Klagen der Rheintöchter um das verlorene Gold.

 


Harenberg Kulturführer OperMit freundlicher Genehmigung entnommen aus:

© Harenberg Kulturführer Oper,
5. völlig neu bearbeitete Auflage,
Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus